Dort ziehen die Schiffe dahin, der Levíatan, den du geformt, um mit ihm zu spielen. [Ps 104,26]Welches ist der grosse Drache, den der Geist nicht mehr Herr und Gott heissen mag? "Du-sollst" heisst
der grosse Drache. Aber der Geist des Löwen sagt "Ich will". "Du-sollst" liegt ihm am Wege, goldfunkelnd,
ein Schuppenthier, und auf jeder Schuppe glänzt golden "Du-sollst!" Tausendjährige Werthe
glänzen an diesen Schuppen, und also spricht der mächtigste aller Drachen "aller Werth der Dinge - der
glänzt an mir." "Aller Werth ward schon geschaffen, und aller geschaffene Werth - das bin ich. Wahrlich,
es soll kein `Ich will` mehr geben!" Also spricht der Drache. [Friedrich Nietzsche, "Also sprach
Zarathustra"]Višap (Drache) ist ein armenisches Wort mit avestischen Herkunft. Es bedeutet Dragon,
eine riesige Schlange. Višap werden auch die mesolithische Steindenkmäler mit einer Höhe
von etwa 3 bis 5 Metern genannt, die zumeist in den Bergen in der Nähe von dem Sevaner
See und andere Wasserquellen liegen und die unübertroffene Kraft der Natur, das Erwachen,
Fruchtbarkeit und Fülle symbolisieren.
Diese Denkmäler bestehen hauptsächlich aus einem Stein und sind in verschiedenen
Kombinationen mit Fisch, Schlange, Stier und Vogel geformt.
Das Symbol des Drachen ist in armenischen und urartischen Kulturen fast überall. Auch in
der christlichen Ära ging es nicht verloren und blieb in der Teppichweberei und in den
Märchen erhalten.
Interessant ist auch das Lied von Geburt des Vahagns in der armenischen Geschichte
(Khorenatsi -5. Jahrhundert). Khorenatsi schrieb es von Gusans (synkretistische Schauspieler,
Sänger oder Dichter) аuf.
Vahagn ist der Gott der Kriegsführung, des Мuts, des Sieges und des Donners. Er wurde
auch Višapakʿaġ (Drache und Ziegenbock) genannt.
Gebar der Himmel, gebar die Erde,
Gebar auch das blaue Meer,
Gebar sogar das kleine Schilfrohr im Meer.
Es kam Rauch aus dem Schilfrohr heraus,
Es kam Flamme aus dem Schilfrohr heraus.
Und aus der Flamme rannte ein blonder Junge heraus.
Er hatte leuchtende Haare,
Er hatte einen flammenden Bart,
Und Augen sahen wie zwei Sonnen aus.So haben der Himmel, Erde und Meer Vahagn geboren. Die Wörte yerknel (gebaren),
yerkinq (der Himmel), yerkir (die Erde) und yerkus (Zwei) haben im armenischen die
gleiche Wurzel.
Das Verb yerknel (gebaren), auf Armenisch hat jedoch zwei Bedeutungen: sowohl
Gebärschmerzen, als auch das Leiden während des Schöpfungsprozesses.
Als ich an die universelle Idee von Lutosławskis “Chain‘‘ dachte, kam ich immer zum
Schluss,dass das Leben selbst eine endlose Kette aus verschiedenen Kombinationen ist.
Auf der Makroebene ist mein Stück eine Kette, die aus zerbröselnen Mythen aufwachst.
Diese Kette bringt durch explodieren im Endefekt zu einer weiteren Kette von Spielen.Die Teile werden einerseits als Momentform wahrgenommen (hier und jetzt), anderseits
erscheint die Zeitachse an Kreuzungspunkten und ändert für immer die Perspektive: einen
Schiksalsschlag wird versetzt (Peripetie).
Auf der mittleren Ebene sind das aus der Takten bestehende Ketten und auf der Mikroebene
scheint dieses Stück eine Kette aus gestickten ornamentalen Linien, Flächen, Rhythmen und
Farben zu sein, die sich in biologischen Prozessen befinden und in polyphonische Gewebe
verwoben sind.
Und der Drachen, der weder gut noch böse, sondern böse und gut ist, ist sowohl Chaos als
auch die Ordnung. Also der Lebenskraft, die durch das Drachensymbol, -Gestalt oder -
Steindenkmal ausgedrückt wird, enthält die magische, enorme kreative Energie, die ich
versucht habe, in meinem Stück zum Leben zu bringen.
P.S Zum Schluss gibt es als Dankeschön ein kleines Zitat aus Lutoslawskis Chain I.
P.P.S. Das Stück ist Jürg Henneberger und Ensemble Phoenix Basel gewidmet.

Višap

Excerpt of a live performance on Wed 12 June 2024 at the Jesuit Church in Vienna during a rehearsal for the world première of "Verkündigung" on June 26th, 2024. Performed on an 0-COAST modular synth played through a BOSE L1 speaker.
https://essl.at/works/verkuendigung.html

Verkündigung

Info

Verkündigung (excerpt) - live

Movement I

Alex Gevorgyan - Love for soprano and cello (2024)

Shahane Aghakaryan, soprano
Andranik Aghajanyan, cello

text by Violet Grigoryan

Recorded and mixed by Sergey Umroyan

Love (2024) for soprano and cello

Antje Thierbach - Barock Oboe d'Amore
Gregor Schulenburg - Duduk


(„befiehl mir, zu dir über das Wasser zu kommen“ - Matthäus 14:28). So wendet sich Petrus an Jesus, als er sieht, wie dieser auf dem Wasser geht. Diese kurze Geschichte handelt von Glauben und Verzweiflung. Sowohl die Botschaft als auch die verwendeten Sprachbilder haben mich immer fasziniert: das Meer und das Schiff, der Wind und die Wellen, das Gespenst oder Jesus, das Gehen auf dem Wasser, die Furcht und das Sinken. In allen schwierigen Zeiten ist es für einen Menschen sehr wichtig, aufrecht zu bleiben und mutig zu sein.
Ich versuche, Musik zu komponieren, die mich selbst ermutigt, gegen Sinnlosigkeit und für die Freude zu kämpfen. Und das ähnlich tatsächlich dem Gehen auf dem Wasser. „Es gibt zwei Arten zu leben: sich vollkommen gesetzestreu und anständig auf dem festen Boden zu bewegen - messen, abwägen, voraussehen. Aber man kann auch über das Wasser gehen. Dann kann man nicht messen und voraussehen, sondern man muss einfach immer glauben. Ein Moment des Unglaubens - und du fängst an zu sinken.“ (Maria Skobzowa)

Love (2024) for soprano and cello

Alex Gevorgyan

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