Mit seinem vollständigen Abgang von der politischen Bühne Österreichs zieht Sebastian Kurz die notwendige, überfällige Konsequenz aus einer Lage, die ihm keine andere Alternative offenließ und in die er sich selbst hineinmanövriert hat: Die wieder einflussreich gewordenen Granden der Volkspartei in den Bundesländern, die sich Sebastian Kurz 2017 in kollektivem Kalkül bereitwillig und devot unterworfen hatten, um mit dem jungen Aufsteiger und seinem PR-versierten Team endlich wieder an die Regierungsmacht zu kommen, haben nach wochenlang zähen Abwartens nunmehr die Daumen gesenkt: So konnte es aus ihrer Sicht nicht mehr weitergehen. Der als „zur Seite gehen“ betitelte Rückzug von Sebastian Kurz aus dem Kanzleramt vor zwei Monaten war eben halbherzig. Die durchsichtige Personalrochade, Außenminister Schallenberg zum Überraschungs-Kanzler ohne Hausmacht zu machen und gleichzeitig Partei- und Fraktionschef zu sein, war überflüssig. Das wochenlange Abtauchen des Ex-Kanzlers von der politischen Bildfläche, während zeitgleich die Folgen seiner fahrlässig frühzeitigen Entwarnung der Pandemie im ganzen Land sehr schmerzhaft und folgenreich offenkundig wurden, war nicht länger zu tolerieren. Die Gründe, die der bisherige Berufspolitiker für seinen verspäteten Rücktritt von allen Ämtern ins Feld führt, können nicht überzeugen. Dass er sich in den vergangenen Wochen und Monaten „gejagt“ gefühlt habe, von den „Vorwürfen und Ermittlungen“ gegen ihn, und ihm dies die „Begeisterung“ für die Politik verleidet habe und dass ihm zudem die Geburt seines Sohnes vor Augen geführt habe, dass es noch etwas wichtigeres als Politik gebe: Das klingt eher wie ein letzter, vergeblicher Versuch, dem politischen Untergang einen menschelnden Spin zu geben. Was ihm das Ende seiner zehnjährigen Regierungs- und Parteikarriere beschert hat, waren die schieren Marketing- und Machtmethoden, die Kurz und seine „Prätorianer“ genannten Berater auf dem Weg nach ganz oben angewandt hatten – und die – zeitversetzt – nach der Beschlagnahme, Auswertung und Veröffentlichung der unzähligen Chat-Protokolle offenbar geworden waren. ÖVP-Landesparteichefs konnten dort lesen, wie verächtlich und zynisch im inneren Kreis von Kurz über sie gedacht und gesprochen wurde. Dem Druck der Korruptions-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Kurz sowie gegen andere ehemalige und amtierende ÖVP-Größen hätten die Partei-Granden in den Ländern noch stattgehalten, nicht aber der Perspektive, von stets neuen, innenpolitisch verheerenden Ermittlungsergebnissen dauerhaft überrascht zu werden. Mit Sebastian Kurz, der im Land ebenso viele glühende Anhänger wie Gegner hat, verlässt ein Politiker-Typ die große Bühne, der Österreichs innenpolitische Landschaft gründlich durcheinander gewirbelt hat. Die Ära Kurz ist vorbei.

Kommentar – Das Ende der Ära Kurz. Autor: Clemens Verenkotte

Die Europäischen Kulturhauptstädte haben es in Pandemiezeiten schwer: Entweder können nur Teile der vielfältigen Programme realisiert werden - wie es etwa im kroatischen Rijeka 2021 der Fall war - oder sie müssen ihre gesamten Projekte verschieben: So erging es Novi Sad, das sich eigentlich bereits im vergangenen Jahr als EU-Kulturhauptstadt präsentieren wollte. 

2022 ist es aber nun soweit: Die serbische Donaustadt hat sich unter dem Motto "Für neue Brücken" auf ein Jahr voller kultureller Initiativen vorbereitet.

Neue Brücken - Novi Sad - Die Europäische Kulturhauptstadt 2022. Autor: Clemens Verenkotte

Sie ist 17, Kosovos beste Riesenslalomfahrerin und die erste Sportlerin aus dem Kosovo, die je bei den Olympischen Winterspielen antritt. Kiana Kryeziu hat mit zehn Jahren angefangen. Trainiert hat sie zunächst im Skigebiet Arxhena, das auf den bis zu 2.000 Meter hohen Bergen zwischen dem Kosovo und Nordmazedonien liegt. Für sie geht ein Traum in Erfüllung: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass das so früh passieren wird", sagt Kiana. Erst buchstäblich bei den letzten Qualifikationsrennen in Südtirol konnte sie das Ticket für Peking lösen. Seit 2014 ist der kleine Balkanstaat, der seine Unabhängigkeit von Serbien nach dem Krieg Ende der 90er Jahre 2008 erlangt hat, Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee. Dreimal hatten schon Sportlerinnen für das Kosovo im Judo Gold-Medaillen erringen können - doch bei den Winterspielen war noch keine Frau aus dem Kosovo dabei. Das ist jetzt in Peking anders: Die 17-jährige Kiana Kryeziu fährt zu den Spielen. Darauf ist sie sehr stolz: "Es ist eine sehr große Ehre". Wenn sie am 7. Februar im Riesenslalom an den Start gehen wird, werden sie ihre Landsleute von der Ferne kräftig anfeuern.

Olympischer Traum wird wahr–Kosovo entsendet die 17-jährige Kiana Kryeziu. Autor: Clemens Verenkotte

Pünktlich zum Valentinstag hat das Wiener Belvedere Gustav Klimts "Der Kuss", sein wohl berühmtestes Kunstwerk, in die neue Vermarktungswelt der NFTs, der Non Fungible Tokens, einführt: Für jeweils 1.850 Euro konnten potentielle Käufer:innen bis Ende letzter Woche eines der 10.000 digitalen Einzelteile des legendären Jugendstilmalers erwerben.

Wiens Belvedere verkauft Klimts "Kuss" in 10.000 digitalen Einzelteilen. Autor: Clemens Verenkotte

Mitarbeiter:innen und Management schlagen Alarm: Der landesweite öffentlich-rechtliche Sender BHRT sei pleite und werde seinen Sendebetrieb einstellen müssen, sollte nicht schnell eine Lösung gefunden werden. Hintergrund: Der Sender steht bei den Steuerbehörden mit rund 12,5 Millionen Euro in der Kreide und diese haben vor wenigen Tagen die Konten des Senders gesperrt. Nun sei BHRT praktisch insolvent und könne noch nicht mal die Gehälter der rund 870 Mitarbeiter:innen zahlen. In Bosnien und Herzegowina gibt es drei öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. RTRS im Landesteil Republika Srpska, TVFBIH in der Föderation Bosnien und Herzegowina und BHRT, dessen TV-und Radioprogramme landesweit ausgestrahlt werden. Finanziert werden alle drei Programme über Rundfunkgebühren, die in den Landesteilen eingetrieben und dann verteilt werden. Zumindest theoretisch. Laut Gesetz sollen 50% der Gebühren an BHRT fließen, jeweils 25% an die Sendeanstalten der Landesteile. Doch aus der Republika Srpska bekommt BHRT kein Geld, Hintergrund ist das Urteil eines Gerichts in Banja Luka aus dem Jahr 2017. Etwas mehr als 30 Millionen Euro an Gebühreneinahmen seien dem Sender deswegen entgangen, rechnet der Aufsichtsrat von BHRT vor und das sei auch der Hauptgrund für die finanzielle Schieflage des Hauses. Eine Lösung für das Problem ist nicht in Sicht.

Öffentlich-rechtliche Medien in Bosnien - Zukunft von BHRT. Autor: Srdjan Govedarica

Die Parlamentswahl in Ungarn am 03. April 2022 ist für lange Zeit die vielleicht letzte Chance, Ungarn wieder demokratisch aufzustellen - so sieht das die Opposition. Sie hat sich zusammengerauft: Sechs sehr unterschiedliche Parteien, von ganz links bis Rechtsaußen.

Das Wichtigste: Sie haben sich auf einen gemeinsamen Spitzenkandidaten geeinigt, einen Quereinsteiger, einen Überraschungskandidaten: Péter Márki-Zay, er hat lange in den USA und Kanada gelebt und gearbeitet, ist Kleinstadtbürgermeister, in einer ehemaligen Fidesz-Hochburg.

Problem der Opposition: Seit Orbán-Freund Putin die Ukraine überfallen ließ, ist der Krieg im Nachbarland das beherrschende Thema, verdrängt alles. Und Orbán hat geschickt reagiert, hat seine Wahlkampfstrategie umgestellt, gibt sich neutral, zeigt sich als besorgter Landesvater, versucht die Putin-Partnerschaft wegzuschweigen. Orbáns Kalkül: In Zeiten des Krieges sinkt die Wechselstimmung.

Ungarn: Wahlkampf in Zeiten des Krieges. Autor: Wolfgang Vichtl

Im März 1992 stimmten die Bosnierinnen und Bosnier über ihre Unabhängigkeit ab. Doch die bosnischen Serben boykottierten das Referendum und begannen zusammen mit Truppen der jugoslawischen Volksarmee, Sarajevo einzukesseln - der Auftakt für die insgesamt 1.425 Tage andauernde Belagerung. Für die Lebenssituation der knapp 400.000 Stadtbewohner hatte das dramatische Folgen: Fast vier Jahre lang gab es keinen Strom, keine Heizung und nur wenige Lebensmittel. Die Stadt stand unter ständigem Beschuss: Im Durchschnitt fielen pro Tag 329 Granaten auf die Stadt. In den Hügeln rund um die Stadt und in den Hochhäusern lauerten zudem serbische Scharfschützen und schossen auf die Bewohner. Mehr als 11.000 Menschen starben, darunter viele Kinder, mehrere Zehntausend wurden verletzt, viele traumatisiert. Die Folgen des Krieges sind auch heute noch zu spüren.

1425 Tage - vor 30 Jahren begann die Belagerung Sarajevos. Autor: Srdjan Govedarica

Vor 160 Jahren wurde Gustav Klimt geboren – im Juli ist der Jahrestag, und allen voran Wien feiert schon jetzt einen seiner größten Künstler mit zahlreichen Ausstellungen. Klimt begann im Stil des Historismus, wurde dann aber zu einem Vorreiter und Meister des Jugendstils. Bekannt vor allem seine Goldene Phase mit Werken wie Lebensbaum, Beethovenfries, Danae…Seine Arbeiten erzielen heute Höchstpreise. Klimt ist aber nicht nur Kennern ein Begriff, sondern auch der breiten Masse. An genau die richtet sich die „Klimt – The Immersive Experience“. Die Schau ist jetzt in der Wiener Marx-Halle gestartet. Doch sind die derzeit boomenden Multimedia-Spektakel-Ausstellungen eher niederschwellig - oder doch niederschmetternd? Wir haben uns die Schau in Wien angesehen und angehört.

Klimt - The Immersive Experience In Wien. Autor: Florian Haas

Bulgariens erst seit einem halben Jahr regierender Ministerpräsident Kiril Petkow ist durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Wenige Stunden vor dem Westbalkan-Gipfel in Brüssel, bei dem es auch um die Haltung Bulgariens zum Nachbarland und EU-Kandidaten Nordmazedonien geht, das seit Jahren auf den Beginn der EU-Beitrittsgespräche wartet. Der Sturz der Regierung des politischen Quereinsteigers und Harvard-Absolventen Petkow dürfte auch den Reformkurs in Bulgarien bremsen, dem ärmsten EU-Land. Vor dem Parlament in Sofia demonstrierten zahlreiche Anhänger von Petkows Anti-Korruptions-Partei. Sie stellt im Moment die meisten Abgeordneten im Parlament, deshalb wird Petkow nächste Woche zunächst noch einmal den Auftrag bekommen, eine neue Regierungsbildung zu versuchen, so sieht es Bulgariens Verfassung vor. Scheitern zwei weitere Versuche, dürfte es im Herbst Neuwahlen geben, bereits die vierten in eineinhalb Jahren.

Bulgarien: Tausende demonstrieren für die gestürzte Regierung. Autor: Wolfgang Vichtl

Gestern Abend ist in Kroatien die Pelješac-Brücke mit einer großen Feier inklusive Feuerwerk eröffnet worden. Das 2,4 Kilometer lange Bauwerk verbindet nach knapp vier Jahren Bauzeit den Süden Dalmatiens nun direkt mit dem Rest des Landes.

Kroatien weiht die Peljesac-Brücke ein. Autor: Clemens Verenkotte

Jeder Abschied ist auch ein Neuanfang – "aber dieser fällt mir verdammt schwer", sagt Ralf Borchard. Heute ist sein letzter Arbeitstag als Korrespondent und Studioleiter im ARD-Studio Wien. "Wien als Stadt, Österreich, alle zwölf Länder des Berichtsgebiets, von Ungarn über Rumänien und Bulgarien bis Albanien, all die Länder des früheren Jugoslawien, der ganze Balkan, all die Menschen, die ich getroffen habe - das ist mir sehr ans Herz gewachsen. Und das ganze ARD-Team, das vor drei Jahren dieses Web-Magazin aus der Taufe gehoben hat."

Was war das Hauptthema seiner Korrespondentenzeit? "Die Flüchtlingskrise." Was bleibt besonders unvergesslich? "Die Nacht, als die Busse kamen. Und all die Menschen, die zu 'Mama Merkel' wollten." Uwe Pagels, Moderator der "Bayern 2 radioWelt" hat mit Ralf Borchard dieses Abschiedsgespräch geführt:


5 Jahre Südosteuropa-Korrespondent - was bleibt. Autor: Ralf Borchard / Uwe Pagels (BR/radioWelt)

Hier können Sie die Audio Beiträge aus dem Berichtsgebiet des ARD Studios Wien/Südosteuropa, das zwölf Länder umfasst, nachhören. 

Die HörfunkkorrespondentInnen Andrea Beer, Srdjan Govedarica, Clemens Verenkotte, Karla Engelhard, Ralf Borchard und Stephan Ozsváth berichten aus Albanien, Bosnien, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Nordmazedonien, Montenegro, Österreich, Rumänien, Serbien, Slowenien und Ungarn.

Impressum: http://www.br.de/unternehmen/service/impressum/index.html

5 Jahre Südosteuropa-Korrespondent - was bleibt. Autor: Ralf Borchard / Uwe Pagels (BR/radioWelt)

ARD Studio Wien

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