Dauer: ca. 6' 30'' 
Besetzung: 4 Solisten (S, A, T, B) und gemischter Chor a cappella 
UA: 29. Januar 2009, St. Petri Dom, Bremen Kammerchor an der Hochschule für Künste Bremen 
Leitung: Friederike Woebcken 

Werkkommentar: 

Die Vorstellung des Agnus Dei bezieht sich schon im Alten Testament auf das Lamm als Opfertier. Es war während des Pessach-Festes ein Brauch, ungesäuertes Brot vorzubereiten und ein makelloses Lamm zu schlachten. Im Neuen Testament wird Jesus Christus als ein reines und unschuldiges Lamm dargestellt, das für die Sünden der Menschen von Gott geopfert worden ist. Das sind Wörter und Gedanken, die uns auf den ersten Blick nichts sagen, vor allem, wenn man nicht Jude oder nicht Christ ist. Es gibt dazu keine konkrete Vorstellung, keine Erinnerung, keine greifbare Gefühle. Warum sollte man sich dann Gedanken über solch eine Symbolik machen? Die Komposition ist ein Versuch diese Symbolik zu verdeutlichen. Alles geht zum Ursprung zurück. Musikalisch ist es der einzelne gerade und der einzelne schwebende Ton. Diese Töne verkörpern die Demut und das Atmen. Beide sind die Merkmale des Gesangs, die vom Chor auf lateinischem Text gesungen werden. Als Gegensatz dazu stehen die Solisten. Sie singen in englischer Sprache und verkörpern das Empfinden heutiger lebendiger Kreaturen. Eine Aussage in zwei zeitlich verschiedenen Sprachen. Nicht nur verschiedene Sprachepochen prallen aufeinander, sondern auch die Zeitdistanz zwischen der Opferung Christi und der jetzigen Aufführung. Dadurch wird der große zeitliche Abstand verringert, um vergessene Gefühle wiederzuentdecken. Es entstehen Urgefühle für das Lamm Christi, die den Frieden Gottes verlangen. So fließt auch am Ende des Werkes alles zum ... dona nobis pacem (... gib uns deinen Frieden) das vom Tutti-Chor gesungen wird. Jetzt gibt es keine einzelnen Töne mehr, kein einzelne Aussage, sonder das Gemeinsame, das Wir, das in leisen gespreizten Akkorden ausgedrückt wird. Es ist ein immer dagewesener Wunsch, in Gott und in der Welt Frieden zu finden. So wurde durch das Mysterium der Opferung Christi der ersehnte Frieden erschaffen: der Friede zwischen Gott und dem Mensch. Denn die Ankündigung der Auferstehung Christi ist eine Botschaft des Lebens, der Liebe und des Friedens.

Calogero Scanio 17.12.2008

Agnus Dei (2008)

Dauer: ca. 5' 30'' 
Besetzung: Violine, Violoncello und Klavier 
UA: 21. Novembre 2007, Hochschule für Künste Bremen 
Violine: Franziska Hahn | Violoncello: Lynda Anne Cortis Klavier: Edgar Cattaneo 

Werkkommentar: 

IL SALTIMBANCO (Der Gaukler) 

Den Auftrag, ein Klaviertrio zu schreiben, bekam ich im Frühling 2007 vor einer Reise nach Italien. Diese sollte eigentlich eine gewöhnliche Reise werden, Städte und Museen anschauen und gebräunt und glücklich in den Alltag zurückkehren. Daher hatte ich die paar Tage als eine Möglichkeit empfunden, mich von La bella italia inspirieren zu lassen und hatte mich auch dementsprechend vorbereitet. Doch in Mantua und Ferrara erwartete mich eine andere Erfahrung, die meine ganze Existenz zum Wirbeln bringen sollte. Wenn man lange von einem geliebten Land entfernt ist, um sich an einem anderen schönen Platz wie Bremen niederzulassen, dann kann man schnell den Fehler begehen, die heimatlichen Farben und Düfte, die das Land uns schenkt, zu vergessen und oft auch sich selbst. Niemand hat eigentlich Schuld daran, es passiert sofort, wenn man sich im neuen Zuhause wohlfühlt, doch war ich außer mir vor Wut und Traurigkeit. Die Reise war also eine stürmische Fahrt in mein Ich. Alles was ich mit meinen Sinnen spürte, den guten Espresso, die Straßen, die Menschen, tobten so stark in mir, dass Gefühle ausbrachen, die mich kräftig aufrüttelten. So begann ich nach der Reise, mich zornig auf das Klaviertrio zu stürzen, um meine tiefe Enttäuschung zu verarbeiten. Wie konnte ich mich vergessen? Doch war ich schnell verblüfft, wie aus Wut großer Humor entstand. So begleitete mich später  in Erinnerung an die ganze Reise  das Gedicht Wer bin ich? von Aldo Palazzeschi. Es teilte mit mir diese neue Erfahrung und so verschmolz ich es mit meiner Musik und begann endlich meine persönliche Reise. Doch die Fragen, wie im Gedicht, gelten immer noch: Bin ich vielleicht ein Dichter? Ein Maler oder ein Musiker? Nein, antwortet das Trio mir. 
Calogero Scanio Bremen, 30.07.2007

Il saltimbanco (2007)

La farfalla azzurra I (2008)

Dauer: ca. 11' 
Besetzung: Viola, Violoncello 
UA: 19. Februar 2008, Hochschule für Künste Bremen ensemble recherche Barbara Maurer (Viola) | Schott Roller (Violoncello) 

Tonaufnahme: 
Duo Archidos Viola: Giulia Nonlì | Violoncello: Sandro Pores Saragossa 2009 

Werkkommentar: 

La farfalla azzurra (2008) Nach dem Gedicht von Hermann Hesse Blauer Schmetterling Schon seit langer Zeit, eigentlichschon seit meiner Kindheit, beschäftige ich mich mit Hermann Hesses Gedichten. Der Reiz, manche Gedichte zu vertonen, war immer groß. Ich hatte auch verschiedene Versuche gewagt, war aber mit der erzielten Klangfarbe nicht zufrieden. Beim Lesen tauchten verschiedene Klangvorstellungen auf, die sich beim Vertonen der Texte nicht in gleicher Art erschufen. Also dachte ich lange darüber nach, ob ich das Gedicht "Blauer Schmetterling" für Gesang und Begleitung schreiben, oder mich ganz einer anderen Besetzung widmen sollte. Das ausgesprochen Verbale eines Gesanges gab dieser Poesie nicht den richtigen Ausdruck; es war immer so, als ob die Wörter beim Anpassen und Gliedern der Melodie ihre innere Ausdruckskraft verlieren würden; ein Schmetterling ist eben so klein und zerbrechlich. Aber nach längerer Suche fand ich schließlich die Besetzung: Viola und Violoncello So entstand ein Duo in sieben Teilen des Glitzerns, Flimmerns und Vergehns. Man könnte fast sagen: Sieben Variationen über das Winken des Glückes, oder noch besser das Hervorleuchten der Erkenntnis des Glückes. Es liegt in mir, mich immer wieder mit der Erkenntnis zu beschäftigen, doch ist in diesem Stück nicht nur wichtig, was man erkennt, sondern ob man darauf vorbereitetist,dasFlimmerndesGlückesineinem Augenblicksblinken wahrzunehmen. Die Erkenntnis, bezogen auf das Hervorleuchten, erinnerte mich an einen Vers aus dem zweiten Brief des Apostel Paulus an die Korinther (2. Kor. 4, 6), wo steht: Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christ. Verbunden mit Hesses Gedicht, entsteht ein neuer Schmetterling "La farfalla azzurra I", sieben Teile eines einzigen Glitzerns, sieben von unendlichen Arten, wie sich Gott in uns erkennen lässt. 

Calogero Scanio Bremen, 07.02.2008

La farfalla azzurra I (2008)

In questo cerchio bianco di sepolti (2007) 
(In diesem weißen Kreis von Begrabenen)

Dauer: ca. 6' 
Besetzung: Bassflöte, Akkordeon 
TA: 23. Juni 2007, Klausstein Kapelle Ahorntal Bassflöte: Charlotte Kinateder | Akkordeon: Johanna Liimatta 
UA: 18. Januar 2009 beim 3. Konzert "Den Frieden komponieren?", Bremen Bassflöte: Daisuke Kinoshita | Akkordeon: Felix Kroll 

Werkkommentar: 

In questo cerchio bianco di sepolti (2007). 
Nach dem Gedicht von Salvatore Quasimodo 

NEVE 
Scende la sera: ancora ci lasciate immagini care della terra, alberi, animali, povera gente chiusa dentro i mantelli dei soldati, madri dal ventre inaridito dalle lacrime. E la neve ci illumina dai prati come luna. Oh questi morti. Battete sulla fronte, battete fino al cuore. Che urli almeno qualcuno nel silenzio, in questo cerchio bianco di sepolti. 

SCHNEE 
Es senkt sich der Abend: wieder verlaßt ihr uns, teure Bilder der Erde, Bäume, Tiere, arme Leute eingehüllt in Soldatenpelerinen, Mütter, deren Schoß von Tränen verdorrt. Und der Schnee beleuchtet uns von den Wiesen wie Mond. Oh, diese Toten. Schlagt auf die Stirne, schlagt bis ins Herz. Daß wenigstens jemand in der Stille schreit, in diesem weißen Kreis von Begrabenen. (hrsg. U. übers. von Franco de Faveri und Regine Wagenknecht, C. H. Beck - Italienische Lyrik der Gegenwart) 

Es sind nicht einmal Schreie, was ich komponiert habe, sondern gedrückte graue Farben. Struktur beugt sich der Szene, Klänge verstummen und das Atmen wird immer schwerer. Tag und Nacht, für Monate, beschäftigten sie mich: Soldaten, Frauen, Kinder. Sie wurden meine Schatten, immer anwesender. Geflüster oder nasser Wind?  3 Takte. Und plötzlich der Kampf, der Krieg. Makabre Szenen flimmern zwischen den kalten Körpern und der Luft. Man ahnt nicht, man erinnert sich. Erinnere dich, Mensch, denn wo Vergessen ist, ist Krieg. 

Calogero Scanio 14.03.2007

In questo cerchio bianco di sepolti (2007)

Dauer: ca. 4' 30'' 
Besetzung: Altblockflöte in G 
UA: 4. Juli 2009 Hochschule für Künste Bremen
Blockflöte: Silke Gwendolyn Schulze 

Werkkommentar:

Tempi ingiusti... (Ungerechte Zeiten...)  Oft bemerke ich in der Landschaft viele ausdrucksvolle Blumen (fiori). Sie sind äußerst schön - blaue, gelbe, rote, kleine, duftende und sehr zurückhaltende fiori. Damals, als sie noch mit den Engeln sprachen, da waren sie große prächtige Pflanzen, strahlend wie die Sonne war ihr Gesicht, ihr Ausdruck ein unerschöpflicher Trieb. Doch jetzt, in dieser ungerechten Zeit, still und leise ohne große Aufmerksamkeit zu erregen, stehen sie, manchmal im Bus, manchmal im Zug, manchmal auf der Straße oder auch im Garten. Langsam werden sie zu zerbrochenen Kreaturen, noch fern leuchtende Blumen, die unterdrückt, still und leise im Bus, im Zug, auf der Straße oder übermorgen tot am Boden liegen. ...affinché tutto finisca (...damit alles aufhöre) 

9.04.2009 Calogero Scanio

Fiorifragili, erste Fassung (2009)

Libretto: Angela Delissen 
Dauer: ca. 13' 
Besetzung: Mann mit Puppe (Bassbariton), Junge Frau (Koloratursopran)Fl.(auch Picc.), Kl. in B, Fg., Tr. in B, Schlgz., Akk., Vl., Va., Va., Kb.   UA: 17. Juni 2006, Concordia, Bremen Inszenierung: Rosamunde Gilmore Bühne/Kostüme: Carl Friedrich Oberle Dramaturgie: Ralf Waldschmidt Ingrid Frøseth (Sopran) - Junge Frau Rüdiger Nikodem Lasa (Bassbariton) - Mann mit Puppe   

Theater Bremen und Ensemble Atelier Neue Musik 
Leitung: Christian Günther

Puppenspieler - Ausschnitt (2006)

Libretto: Bernhard Glocksin, Texte: al-Jubouri/Goethe 
Dauer: ca. 30' 
Besetzung: Treckür/Karl Rückert (Bassbariton), Fräulien von Sittich (Koloratursopran), Frau Silbenhaar (Sopran), Frau Rückert (Mezsopran) Fl. (auch Picc.), Kl. in B (auch Bassklarinette), Akk., Viola da gamba, Theorbe   TA: 22. Juni 2008, Concordia, Bremen Treckür - Max Börner | Fräulein von Sittich - Christine Süßmuth | Frau Rückert - Kerstin Stöcker 

Ensemble Atelier Neue Musik Leitung: Christian Günther

Die Unsichtbare Hand - Ausschnitt (2008)

Libretto: C. Scanio 
Dauer: ca. 5' 30'' 
Besetzung: Lusima (Sopran), Flöte, Viola, Harfe 
UA: 14. November 2008, Brüssel 
Jennifer Bird (Sopran) - Lusima Michael Schmid (Querflöte) Jereon Robberecht (Viola) Alice Petre (Harfe)

Ti ricordi, Giovanni? (2008)

 
Dauer: 7' 35'' 
Besetzung: 2 Lautsprecher 
UA: 10. Mai 2010


Calogero Scanio

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